Beim Wettrennen um den 1.Platz auf der nach oben offenen Hysterierangliste möchten auch wir dabei sein. Leider wurde es mehr Text als erwartet. Aber anders ging es nicht.

Bis Ende Dezember 2010 haben ca 251.000 Deutsche vom Recht auf Widerspruch bei google gebrauch gemacht. Wie das geht, muß nicht zum X.tenmal erklärt werden. Das haben Stern, Spiegel, Focus, unzählige Fernsehsender und viele Zeitungen schon getan. Was mich zugegeben sehr erstaunt, denn diese Zeitungen und Fernsehsender leben selbst vom Recht auf Fotografie im freien Raum und verdienen damit sogar ihr Geld.

Gut, werden Sie sagen: So einfach ist das nicht mit google. Stimmt ja auch und trotzdem: Wird ein Stern-, Spiegel- oder anderer Zeitungsreporter nach einem Interview in der Kölner Innenstadt die Inhaber des Gebäudes im Hintergtrund vor der Veröffentlichungen um Erlaubnis bitten? Das muß er auch nicht, das ist nämlich auch ein grundsätzliches Recht in Deutschland.

Ärgerlich finde ich es einfach, dass mit der einen Hand selbst Geld mit dem Recht auf Fotografie gemacht wird und mit der anderen Hand Berichte über den Widerspruch gegen google street view veröffentlicht werden. Es ist als Verkäufer von Nachrichten sicherer ein Gegner von Googleprojekten zu sein. Ein Projekt das öffentliche Straßen fotografiert und die dort befindlichen Häuserfronten. Solche Fotos kann und darf jeder machen, im Netz zeigen und muß die Möglichkeit für einen Widerspruch dafür nicht einmal anbieten.

Und die Fotografen selbst?

Ich habe mir die Mühe gemacht und die Kollegen in Köln und München bei google StreetView überprüft. Ich wollte mir die Außenansicht verschiedener Fotostudios ansehen. Zu meiner großen Überraschung, fast 1/4 der Fotografen die selbst in der Öffentlichkeit fototgrafieren und vom Recht auf Fotografie im freiem Raum leben, widersprechen genau dem gleichen Recht beim Anblick auf Ihr Haus oder Fotostudio.

Mehr noch, Fotografen und  Reporter nutzen google Street View oft im großen Umfang und legen gleichzeitig Widerspruch ein. Viele Fotografen betrachten bei google Street View mögliche Plätze für Fotoshootings, informieren sich vorher über die Umgebung und mögliche Locations und suchen das passende Hotel, um zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Auf Reporter trifft dies ebenfalls zu. Ich finde, wer google widerspricht sollte es nicht gleichzeitig für seine Zwecke nutzen. Gleich, wie Sie über google Street View denken, dieser Aussage müßten Sie zustimmen.

Was bringt die Zukunft, was wollen wir?

Was soll nun werden? Wollen wir im Jahr 2011 einfach nur Rekordhalter im Widerspruch gegen google sein? The german Angst? Oder wissen wir es einfach besser als die ganze Welt und alle anderen sind dumm? Warum ist es immer google? Hat niemand daran gedacht, dass es lange vor google schon Bilder der Häuser gab und noch immer gibt? Die  Häuser, die ich bei Streetview nicht fand konnte ich bei einem der anderen Anbieter dieser Dienstleistung finden, wie beispeilsweise sightwalk.de (ein deutsches Projekt).

Ganz unabhängig davon, dass immer mehr Fotos die Koordinaten beinhalten und diese Technik bald Standard ist und Sie dann auch auf diese Art eine bildhafte Reise irgendwo auf der Welt antreten können. Auch einige der Fotoportale verbinden beispielsweise die Daten hochgeladener Bilder mit einer Karte. Vielleicht machen Sie auch gerade durch das Pixeln Ihr Haus erst interessant. Warum hat der….? In unserer Straße wurde schon mehrfach ein gepixeltes Haus fotografiert. Es gibt zudem Initiativen wie beispielsweise  Fehlende und verschlollene Häuser bei google Street View mit über 1000 aktiven Mitgliedern  und es ist kein Ende in Sicht.

Sie bemerken, so einfach ist das ganze Thema nicht und erst recht ist die Angelegenheit mit einem einzigen Widerspruch beim universalen und einzigen Bedrohungsmythos der Gegenwart erledigt. Aber wofür gibt es Gesetze, verstößt google mit dieser Aktion nicht gegen irgendein Gesetz?

FAKTEN zur Gesetzeslage

Ihr Recht auf Selbstbestimmung!

1983 wurde vom Bundesverfassungsgericht ein neues Grundrecht definiert, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Jeder soll selbst darüber bestimmen dürfen, wer welche Daten über ihn hat. Es handelt sich, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsreichts um ein Datenschutzgrundrecht und wird im Grundgesetzt der Bundesrepublik deutschland ausdrücklich erwähnt. Der Vorschlag, ein Datenschutz-Grundrecht in das Grundgesetz einzufügen, fand bisher nicht die erforderliche Merheit. Wer konsequent ist, sollte daher auch im Internet einfach keine Daten über sich preis geben. Kein Eintrag in das Telefonregister, keine Kreditkarte, kein Payback, keine Spuren im Internet bei Twitter oder Facebook und und und. Lassen Sie sich also Ihre Freiheit und vor allem Ihr Grundrecht nicht abkaufen. Wenn Sie alles bar bezahlen und auch beim ausfüllen der Garantiekarte des Kühlschranks keinerlei Informationen über sich abgeben sind Sie einfach auf der sicheren Seite. Seit 1983 Ihr gutes Recht und auch noch 2011 Ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Der öffentliche Raum und das Recht auf Fotografie

Mit dem §23 KunstUrhG ist das fotografieren im öffentlichen Raum gestattet. Es erlaubt sogar Bilder von Versammlungen. Personen können fotografiert werden wenn sie Beiwerk neben einer Landschaft oder einer sonstigen Örtlichkeit sind. Mit dem § 59 KunstUrhG wurde festgelegt (1) „Zulässig ist: Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Grafik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse auf die äußere Ansicht.“ Solche Gesetze gelten in einer Demokratie für alle, für Herrn Klein genauso wie für Herrn Groß.

Weitere Argumente

Es gibt noch hunderte von Gründen dafür und dagegen, Statistiken, Zahlen und Fakten.  Leider nützt dies ängstlichen Menschen oft wenig. Wer Flugangst hat, dem hilft auch die positive Statistik der Fluggesellschaften nichts. Darum wird es auch nichts bringen, den Gegnern die Kriminalstatistiken von über 20 Ländern dieser Erde vorzulegen und einen Zusammenhang von Einbrüchen und google Street View 100% zu widerlegen. Wer weiß, vielleicht habe ich trotzdem etwas übersehen und die Gefahr, die für uns alle von diesen Bildern ausgeht nicht erkannt. Aber was in den meisten Fällen unter der dünnen Schicht noch dünnerer Argumente übrig bleibt, sind Scheuklappen und eine Angst, dass vielleicht irgendwann, irgendetwas  Schlimmes wegen der StreetView Fotos passieren könnte.

Fazit:

Eigentlich müssen wir google danken. Wir lernen viel über uns Deutsche. Wir können trennen zwischen denen, die das Internet als selbstverständlichen Teil ihres Lebens begreifen und darauf hoffen, dass eine Welt ohne Geheimnisse nur eine friedliche Welt sein kann und denen, die den durch das Netz angestoßenen Veränderungsprozess mindestens als Zumutung, wenn nicht gar als echte Bedrohung empfinden. In welche Richtung sich die Menschheit entwickelt, werden Sie und ich nicht beeinflussen können, darum schließe ich und hoffe auf viele Kommentare.

Es gab Zeiten, da wurden Kameras „Seelenfänger“ genannt, weil Menschen fürchteten, dass mit einer Fotografie ein Teil ihrer Seele geraubt werde. Aber das war vor langer Zeit!